Dienstag Morgen, der Briefträger kommt immer früh, spätestens gegen neun hat er die Post eingeworfen. So war es gestern, heute und morgen wird es auch so sein.

Als der Strohmeier Maximilian, im Dorf kurz Maxl genannt, zum Briefkasten vorne am Gartentürl schlurfte, ahnte er nicht, welche Folgen sich aus dieser alltäglichen Routine ergeben würden. Wieder nur lauter Mist, schimpfte er, als ihn seine Frau, die Burgl, nach der Post fragte. Schmeiß glei weg, meinte sie und widmete sich wieder dem Herrichten des Frühstücks.

Der Maxl indessen befolgte den Rat seiner Frau nicht, jedenfalls nicht in vollem Umfang. Ein geheimnisvoller Brief mit allerlei Zeichen auf dem Kuvert und einer von einem Automaten aufgedruckten Briefmarke hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Heimlich steckte er das Kuvert in die Hosentasche, der Rest flog in den Mülleimer. Dann machte er sich über das Frühstück her und vergass den Brief.

Beinahe eine Woche später, genau gesagt am Sonntag, machte sich der Maxl mit seinem Hund auf zum sonntäglichen Spaziergang, derweilen sich die Burgl schon um das mittägliche Wohlergehen kümmerte. Am Sonntag gab’s nämlich immer einen Braten, Knödel und den Kartoffelsalat, wie ihn der Maxl gerne hatte.

Beinahe zur selben Zeit verliess auch die Brunnhuber Veronika das Haus, um sich mit ihrem Stiegenglander in die gleiche Richtung, wie der Maxl, zu bewegen. Sie und der Maxl kannten sich schon seit ewigen Zeiten und irgendwie gab es immer eine gewisse Spannung, wenn sie sich begegneten. Alleine, nicht aber, wenn Maxls Burgl mit dabei war, dann nicht.

Was für ein Zufall, sagte die Veronika, als sie den Maxl auf der großen Wiese am Dorfweiher eingeholt hatte. Ja da schau her, die Veronika, entgegnete der Maxl und verlangsamte seinen Schritt. Er hatte es gern, wenn die Veronika so neben ihm her schritt und sich dabei manchmal wie zufällig ihre Hände berührten.

Die Burgl legte den Braten in die Reine, gab noch allerlei Gemüse und Gewürze hinzu und schob das Ganze in das vorgeheizte Rohr. So um die zwei Stunden wird er schon brauchen, sagte sie zu sich, stellte die Uhr ein und konzentrierte sich dann auf den Knödelteig. Die Kartoffeln, mit der Bürste geschrubbt, dass die Schalen nur so glänzten und schwups in den Topf. Der Kartoffelsalat musste lauwarm sein, nicht zu heiss und schon gleich gar nicht kalt. Lauwarm, so mochte ihn der Maxl.

Die beiden Hunde hatten einen rechten Spass und tollten durch die Gegend, dass es eine wahre Freude war. Recht eng ging die Veronika jetzt neben dem Maxl, so dass sich nicht nur die Hände näher kamen. Schau, da drüben, sagte der Maxl und zeigte mit der Hand nach rechts, als sich im selben Moment, niemand weiss warum, die Veronika abrupt nach links drehte. Da war es auch schon passiert. Ihre Oberkörper prallten mit einem sanften Druck aufeinander und der Maxl konnte nicht anders, als die wohlgeformte Oberweite der Veronika auf seiner Brust zu spüren. Um genau zu sein, musste der Maxl sich eingestehen, dass er es mit jeder einzelnen seiner Rippen auskostete. Und die Veronika liess ihm Zeit, es auch ausgiebig zu tun. Hoppla!, sagte sie nur leise.

Die Burgl wusste, der Maxl würde so zweieinhalb bis drei Stunden unterwegs sein, denn sonntags zog es ihn immer auch ins Wirtshaus und die Burgl gönnte es ihm. Sie sah auf die Kuckucksuhr  an der Wand und nickte mit dem Kopf. Sie war exakt in der Zeit.

Ja mei, brummte der Maxl verlegen, des is ja jetzt blöd g’laufen. Ich nach rechts und du nach links… Verlegen lachte er dazu und auch die Veronika steuerte ein etwas überzogenes, spitzes Kichern bei. Langsam traten sie einen halben Schritt zurück und machten Anstalten, ihren Spaziergang fort zu setzen. Aber so richtig mochte das jetzt nicht mehr gelingen. Magst vielleicht ein Kaffee, fragte die Veronika plötzlich in das entstandene Schweigen hinein. Ich hab‘ nämlich eine neue Maschine und da könnst mir gut helfen, damit’s auch funktioniert.

Noch dreißig Minuten, dann war der Braten fertig. Rohr auf, noch einmal übergießen, Hitze reduzieren und fertig brutzeln lassen. Die Burgl beherrschte ihr Tun. Kochen war für sie immer schon mehr Spass als Arbeit gewesen. Noch ein kleiner Schuss Essig. Auskühlen lassen. Der Kartoffelsalat war fertig und würde dem Maxl, da war sich die Burgl absolut sicher, besonders gut schmecken.

Weisst, sagte die Veronika, magst dich a bißerl umschaun? Der Maxl tat, wie ihm geheißen, aber irgendwie wusste er nicht so recht, wie er mit der Situation umgehen sollte. Die Kaffeemaschine funktionierte perfekt, da gab es nichts für ihn zu tun . Die Hunde vergnügten sich im Garten, nur er fühlte sich ein wenig deplatziert. Komm a mal, hörte der Maxl die Veronika sagen und er ging hinüber, von woher die Stimme kam.

Bist aber heut‘ spät dran, meinte die Burgl. Hat dich des Wirtshaus net los lass’n? Nein, na, na…, stotterte der Maxl herum. Ich hab‘ die Brunnhuber Veronika getroffen. Sie war auch mit ihr’m Hund am Weiher und da sind wir halt so ins Ratschen gekommen. So, so, ins Ratschen seid’s gekommen. Über was denn nachat?, wollte die Burgl neugierig wissen. Ja, stammelte der Maxl weiter und erklärte, dass neulich ein Brief in der Post gewesen sei, in dem ihm mitgeteilt worden war, er sei einer von drei Hauptgewinnern und er müsse sich melden. Und stell dir vor, die Veronika hat just auch so einen Wisch bekommen. Und darüber hast dann die Zeit verlor’n?, fragte die Burgl scheinheilig und füllte die Teller mit den herrlichen Speisen.

Der Maxl, dem nichts Besseres eingefallen war, und der gedanklich immer noch halb bei der Veronika weilte, suchte verzweifelt nach einem passablen Ausweg. Eifrig schaufelte er sich Kartoffelsalat, Knödel und Braten in den Mund, in der Hoffnung, das würde ihm Zeit verschaffen, um eine gescheite Antwort zu finden.

Bevor er aber noch etwas sagen konnte, hob die Burgl an und bemerkte mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht: Du wirst es nicht glauben und ich wollt’s dir schon kürzlich einmal erzählen. Genau das gleiche ist mir neulich mit dem Hofstaller Alois passiert. Was es für Zufälle gibt! 

Der Maxl kaute unlustig auf seinem Essen herum. Es schmeckte ihm mit einem Mal gar nicht mehr so richtig und er sah die Burgl an, die immer noch so ein wissendes Grinsen aufgesetzt hatte, während sie mit sichtlichem Genuss ein Stück Braten in den Mund schob.

 Foto: Creative Commons Lizenz, flickr,Ferran.