Wissen Sie, sagte der Mann an der Theke zu seinem Nachbarn, den er für diesen Abend zum Trinkkumpanen auserkoren hatte. Wissen Sie, wiederholte er und bewegte den Barhocker mit den Fußspitzen um eine viertel Drehung nach rechts, diese ganze Heimatromantik und vor allem diese unsäglichen Serien im Fernsehen, die machen doch mehr kaputt als sie nützen.

Wie sie eigentlich gerade auf dieses Thema gekommen waren, hätte keiner von den beiden mehr sagen können. Wie das halt so ist, am Abend, an der Bar. Am Anfang hatte jeder sein Bier bestellt, vor sich hingetrunken, gelegentlich einen Blick in die Runde geworfen, aber kaum Notiz von den anderen genommen. Wie in vielen Hotelbars üblich, liefen auf mehreren Bildschirmen gleichzeitig tonlose Endlosschleifen von Golfturnieren und Modeshows, ohne von den Gästen wirklich wahrgenommen zu werden. Und dann waren sie irgendwann und irgendwie ins Gespräch gekommen. Nicht über Berufliches oder Geschäftliches. Erstaunlicherweise, denn das wäre naheliegend gewesen. Welche Männer sitzen sonst an einer Hotelbar, wenn es sich nicht gerade um Urlaubs- oder Freizeitdomizile handelt?

Spielen Sie Golf?, hatte der Nachbar wissen wollen. Nein, weiss nicht, ich habe da keinen Bezug, oder so ähnlich, hatte er geantwortet und weiter erklärt, dass er es zwar schon beachtlich finde, einen Ball über so große Distanzen schlagen zu können. Um dann rumzueiern, bis er endlich in einem Loch verschwindet. Und alle um den Spieler herum führen sich dann auf wie verrückt und klatschen sich zu Tode, griff der Nachbar den Faden wieder auf und lachte sich schier kaputt. Oder Tennis, hatte er immer noch prustend vor Lachen nachgereicht und ausführlich beschrieben, wie sich die Zuschauer nach einem drei Stunden Match wegen des unablässigen links und rechts Drehen des Kopfes einen Halswirbel ausgerenkt hätten. Und Sie laufen durch die Stadt, wo ein solches Match stattgefunden hat, und sehen ständig Menschen um sich herum, die nicht mehr aufhören können, den Kopf zu schütteln, führte der Nachbar von Lachsalven gepeinigt aus, und Sie fragen schliesslich jemanden, was er denn habe? 

Sich auf die Schenkel schlagend und von wieherndem Lachen kaum noch Luft bekommend griff der Mann die Situation auf und sagte: Und ich bekomme zur Antwort, dass er nicht wisse, was ich mit meiner Frage meinte und ich sehe diesen Menschen aber dann, wie er immer noch kopfschüttelnd in ein Auto steigt, losfährt und die Fahrbewegungen des Wagens einer Schlangenlinie gleichen, weil die Hände am Lenkrad natürlich den Augen des immrt noch kopfschuttelnden Fahrers folgen.

Und so ging es immer alberner und ausgelassener werdend hin und her. Beide Männer sahen alles um sich herum nur noch durch Schlieren von Tränen. Gewaltige, beinahe explosionsartige Lachanfälle trieben regelrechte Fontainen durch die Tränenkanäle, die kaum noch in der Lage waren, die anstürmenden Fluten zu bewältigen.

Da sagte der Nachbar unvermittelt zu dem Mann: Übrigens, ich bin der Rudi und da bin ich dahoam! Bayerisches Fersehen, Werbung für den Standort Bayern, prustete der Mann los. Wenn’s denn sein soll, sagte er dann, ich bin a hier dahoam, Helmut, kannst Helmut zu mir sagen! 

Zu den vielen Bieren gesellten sich noch mehrere Schnäpse, Obstbrände aus der Region, wie der Barkeeper versicherte. Aber die beiden hörten gar nicht, welch wertvoller Hinweis ihnen da gegeben wurde. Ihre rauschigen Schädel waren schon längst nicht mehr in der Lage, auch nur irgend etwas aufzunehmen. Und nur mit großer Mühe brachte der Helmut stammelnd hervor, er müsse mal raus. Außilassen, was er oben hineingeschüttet habe. Und schwankend bewegte er sich von dannen.

Vielleicht so zehn Minuten mochte es gedauert haben, bis dem Rudi auffiel, dass der Helmut immer noch nicht zurück war. Sollt i vielleicht mal nachschaun, wo er bleibt, der Helmut. Net, dass er ausgrutscht is. Könnt ja leicht sein, bei dem Surri, den der g’habt hat. Das sei eine gute Idee, meinte der Barkeeper, aber vorher möge der Herr doch bitte die Rechnung begleichen und zwar von beiden verehrten Gästen.

Dem Rudi ging so etwas wie ein Licht in seinem Bier- und Schnaps geschwängerten Kopf auf und so fragte er leise, ob der Herr Barkeeper damit meine, er solle seine Zeche und die von Helmut gleichermaßen zahlen. Und der Barkeeper anwortete unmissverständlich und über jeden Zweifel erhaben: Ja, genau das meine ich, und fügte noch an, dass der andere Gast beim Hinausgehen noch gesagt habe, er würde die Zeche übernehmen, denn er sei ja der Rudi und der Rudi, so habe wörtlich gesagt, der Rudi, der is hier dahoam.

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