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Category:Zum Nachdenken

Geschichten, die geschehen sind oder geschehen sein könnten, und die manchmal zum Nachdenken anregen wollen.

Rückkehr

Der Bleicher Georg hatte es satt. Seine Spezi vom Stammtisch hatten es auch gesagt – letzten Sonntag gleich nach der Kirche. Er wusste gar nicht mehr, wie lange es ihren Stammtisch schon gab. 30 Jahre oder gar schon 40? Als junge Burschen hatten sie ihn ins Leben gerufen. So um die 20 musste er damals gewesen sein. Immer sonntags. Erst in die Kirche, dann zum Bier, das war ihr Motto, damals wie heute. Read more »

Was wir nicht wissen!

Früh am Morgen verließen die Männer den Ort. Wetterfeste Umhänge schützten sie vor dem einsetzenden Schneetreiben – unten im Tal. Oben in den höheren Lagen würde sie ein schneidender Wind erwarten. Winzigen, scharfen Nadeln gleich würde der Schnee zu Eis gefroren sein und ihre Gesichter malträtieren. Schweigend stapfte die Gruppe gemäßigten Schrittes bergan. Schwere Rucksäcke drückten die Männer in den Boden, auf dem sie für kurze Zeit ihre Spuren hinterließen. Read more »

Muttertag

Amelia muss raus. Kein Wecker, der es ihr befielt. Es ist jeden Tag so, sieben Mal in der Woche. Auch heute, das Vieh im Stall, die Arbeit danach, Rahm abschöpfen, die Milchkübel nach vorne zur Straße geschleppt, der Molkereiwagen ist immer pünktlich.

Wenigsten müssen die Kinder heute nicht zur Schule. Welch kleines Privileg am Wochenende. Der Georg, ihr Mann, ist schon auf der Futterwiese, frisches Gras für’s Vieh. Das macht er jeden Tag, bevor er mit dem Bus zur Arbeit fährt, um sieben Uhr fangen sie an, im Sägewerk, nicht weit vom Hof. Ohne das Sägewerk könnten sie den Hof nicht halten. Er arbeitet dort bis zum Mittag, manchmal wird es auch später. Kleinere Sachen erledigen schon die Kinder. Die Hühner zum Beispiel.

Heute am Sonntag schleppt der Georg die Kübel zur Straße Read more »

Tödlicher Fehler (2)

Als kürzlich Felix Baumgartner durch jenen schlimmen Unfall jäh aus dem Leben gerissen wurde, blieb nichts zurück. Trauer und Fassungslosigkeit nahmen dem Leben seiner Liebsten jeden Sinn. Sie konnten es nicht fassen. Warum?, fragten sie immer wieder, warum? Sie bekamen keine Antwort. Niemand konnte sagen, warum es geschehen war. Niemand! Keine Experten, keine Polizei, keine noch so klugen Menschen.

Nicht sehr weit entfernt von dem Ort, an dem Felix‘ Eltern wohnten und jetzt auch seine Frau und die Kinder, bis sie über das Gröbste hinweg wären, rüsteten sich die wenigen Leute des Dorfes, wie jeden Sonntag, um rechtzeitig zur Frühmesse zu kommen. Read more »

Ostern 2015

Wieder einmal naht das Osterfest. Die Kinder sind in den wohlverdienten Ferien, die Eltern nehmen Urlaub und schon gehts ab. In den Süden, nach Italien, Spanien, Griechenland und vielleicht sogar noch weiter. Manche fahren auch an die Nord- oder Ostsee. Man weiss halt nicht, wie’s Wetter wird, und wenn man es weiss, ist es zu spät, dann muss man eben dort bleiben, wo man hingefahren ist.

Die Eltern bestimmen gemeinsam, wohin es dieses Mal gehen soll, und die Mutter entscheidet dann, wohin es wirklich geht. Mit einer kleinen aber wichtigen Einschränkung. War’s nix, das Wetter Mist, das Hotel, reden wir nicht davon, usw., dann lag die letzte Entscheidung auf jeden Fall bei der Mutter. Das ist verbrieft. War aber alles super, selbst die Urlaubsbekannten auszuhalten, dann hatte schon eher der Vater seine Hand im Spiel. Read more »

Tödlicher Fehler (1)

Die Zeiten sind bewegt. Heute mehr als früher, möchte man meinen. Oder können wir uns an früher weniger gut erinnern? Vielleicht hatte mancher zu dieser Zeit noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt und weiss deshalb nur aus Erzählungen und Berichten von jener sagenumwobenen Zeit.

Es scheint lange her: Adelsgeschlechter wurden hingemetzelt, Weltkriege geführt, Millionen Menschen in Gaskammern und auf Schlachtfeldern gemeuchelt und geopfert, Rebellion gegen das Establishment in den 68ern, RAF Terror und so weiter, bis heute.

Heute, ja heute ist es nicht viel anders, schossen Felix Baumgartner die Gedanken durch den Kopf, während er schon leicht schläfrig mit seinem Wagen auf der A 96 nach Lindau brauste. Es war wieder einmal einer jener freudlosen Abende gewesen. Stundenlanges, sinnloses palavern um Nichtigkeiten. Jeder war von sich überzeugt und dachte, er habe die Geschicke der Nation und der Welt mitzulenken. Am Ende wurde weniger um Inhalte als um Formulierungen gestritten. Und die Juristen unter ihnen, die waren dann ganz vorne mit dabei, ganz in ihrem Element. Read more »

Jahreswechsel

Langsam fallen die Schatten tiefer, verlieren sich in bizarren Formen und lösen sich schliesslich in der Dunkelheit der Nacht auf. Read more »

Stille Nacht

Im Jahre 1843 erblickte Luise, genannt Luiserl, Partenninger das Licht der Welt. Die Mutter, eine rechtschaffende junge Frau aus Straubing, der Vater, so konnte man später in den Geburtenregistern des Erzbischöflichen Ordinariats in München nachlesen, kam aus dem Montafon in Österreich. Der Herkunftsort war allerdings nicht zu entziffern, wie natürlich überhaupt das Lesen des Registers Kenntnis der Deutschen Schrift voraussetzte. Fein säuberlich war seinerzeit alles mit Tinte in den gebräuchlichen steilen deutschen Buchstaben auf die amtlichen Blätter geschrieben worden. Bis auf den Ort eben, der war vergilbt, verwischt oder sonst etwas – jedenfalls war und blieb er unleserlich. Read more »

Adele

Als Adele am frühen Morgen das Haus verlässt, ahnt sie nichts von den schicksalhaften Zufällen, bei denen sie eine unvergessliche Rolle spielen sollte. Read more »

Humankapital

Als König Ludwig der Bayer am 1. Mai 1327 in Como den Walstätten Uri, Schwyz und Unterwalden das Reichsprivileg einer Reichsvogtei ohne Reichsvogt ausstellte und sie damit zum Dank für die gewährte Unterstützung im damaligen Hickhack der süddeutschen Gebiete privilegierte, konnte niemand wissen, dass hierdurch der vielleicht entscheidende Anstoß für die eidgenössische Entwicklung der späteren Schweiz erfolgt war. Read more »